
AustrianSkills: Routiniers, Rookies und Rückkehrer im Titelrennen
Tag zwei bei den AustrianSkills in Salzburg: Bei den Staatsmeisterschaften der Berufe kämpfen Titelfavoriten, Newcomer und Rückkehrer wenige Meter – und oft nur Feinheiten voneinander getrennt – um den Sieg. Für ein rot-weiß-rotes Quartett geht es sogar um Gold: Bei der parallel stattfindenden Heim-EM rittern Spengler Jakob Gratl aus Tirol, Glasbautechniker Marcel Resch aus der Steiermark, die oberösterreichische Steinmetzin Juliana Hain und Digita lConstruction-Spezialist Tobias Weißengruber aus Niederösterreich um den Sieg.
SALZBURG. Der Winter ist in Salzburg angekommen. Draußen flockt es quer, drinnen im Messezentrum ist davon nichts zu spüren. Die große Halle wirkt wie ein Kontrastprogramm zur Kälte vor der Tür: Maschinen laufen, Druckluft zischt, irgendwo schlägt ein Hammer metallisch auf. Bei den Staatsmeisterschaften der Berufe geht es auf 21.000 Quadratmetern heiß her – in exakt 46 Berufen wird geschweißt, gehämmert, lackiert, montiert, vermessen und gedacht. Mehr als 500 junge Fachkräfte arbeiten an Tag zwei der AustrianSkills weiter akribisch an ihrem Ziel: den Staatsmeistertitel und damit die Qualifikation für WorldSkills in Shanghai 2026 bzw. EuroSkills in Düsseldorf 2027.
Zwischen Werkstücken, Werkzeugen und Wendungen im Ablauf arbeiten Favoriten, Newcomer und Rückkehrer Seite an Seite – der Unterschied liegt oft nur in einem Millimeter. Oder einem Handgriff.
Niederösterreichische Vizeweltmeisterin malt sich EM-Teilnahme aus
Eine, die diese Bühne der Berufe bestens kennt, ist die Niederösterreicherin Lena Prinz: Die Vizeweltmeisterin von Lyon 2024 kämpft erneut im Bewerb der Malerinnen und Maler. „Ich will mit einer Topleistung das Ticket für die EuroSkills in Düsseldorf lösen“, lässt die Enzesfelderin keinen Zweifel aufkommen. Um ihr Ziel auch zu erreichen, ist alles angerichtet: Die Flächen hat die Fachkraft vom Meisterbetrieb Sandro Prinz an Tag eins sauber abgeklebt, die Farbtöneexakt angerührt. Ihr Arbeitsplatz wirkt strukturiert und klar geordnet. „Der erste Tag ist gut gelaufen. Tapete, Farbmischen – ich bin in der Zeit. Ich hoffe, dass ich dieses Tempo über die nächsten Stunden halten kann“, sagt die Mitfavoritin. Am Nachmittag folgt das wohl anspruchsvollste Modul: „Beim Speedbewerb bekommen wir alle gleichzeitig den Plan und starten zur selben Zeit. Es zählt, wer das Design am schnellsten sauber auf die Wand bringt. Das ist purer Druck – aber genau das mag ich“, erklärt Prinz.
Oberösterreichischer Europameister unter Druck
Ein paar Hallen weiter bleibt auch der nächste Favorit demonstrativ cool – persönlich wie auch inhaltlich. In der Kälte- und Klimatechnik führt an Jonas Danninger wohl kein Weg vorbei. Der Herzogsdorfer ist amtierender Europameister – und zählt mit seinen 21 Jahren bereits zu den Routiniers im Starterfeld. Bei den Staatsmeisterschaften geht es für ihn nun um den nächsten Schritt, der ihn zur WM nach Shanghai führen soll. „Mir ist es bislang gut gegangen. Die Konkurrenzschläft nicht. Jeder gibt alles. Ich muss mehr als 100 Prozent abliefern. Mein Ziel ist klar: Ich will gewinnen“, sagt er.
Die Fachkraft muss innerhalbweniger Wettkampfstunden eine Kälteanlage aufbauen, Leitungen anpassen, Verbindungen herstellen, sauber löten und auf Dichtheit prüfen. Rohrabschneider, Biegezange, Flaschen mit Reinigungsmittel und Messwerkzeuge liegen vor ihm. An der Wand: sauber verlaufende Kupferleitungen, exakt im gleichen Abstand fixiert. Alles ist sichtbar, alles für die strengen Jurorenbewertbar. Ein Knick im Rohr, eine unsaubere Lötstelle, ein falscher Winkel –und schon zerplatzt der Traum von der Weltmeisterschaft für den Europameister.
Obwohl der Druck hoch ist, bleibt Danninger ruhig. Im Vergleich zur Szenerie rund um seinen Arbeitsplatz: 70 Lehrlinge seines Arbeitgebers Hauser sind nach Salzburg gekommen, um zuzusehen und ihrem Kollegen die Daumen zu drücken. „Obwohl mich das sehr freut, muss man es ausblenden“, weiß Danninger.
Quartett kämpft um EM-Gold
Während Prinz, Danninger und alle anderen um das Ticket für die internationalen Bewerbe kämpfen, ist ein österreichisches Quartett bereits mittendrin. Bei den parallel stattfindenden Independent Skills Championships Europe (ISCE) treten Spengler Jakob Gratl aus Tirol, Digital-Construction-Spezialist Tobias Weißengruber aus Niederösterreich, Steinmetzin Juliana Hain aus Hofkirchen und Glasbautechniker Marcel Resch aus der Steiermark an. Sie kämpfen bei der Heim-EM – aus organisatorischen Gründen wurden die Berufe nicht bei den EuroSkills in Dänemark ausgetragen – um europäisches Edelmetall.
Tiroler Spengler will aufsPodium
Für Gratl ist das Heimspiel von Vorteil: „Vor so vielen Menschen hier in Österreich Vollgas geben zu können, ist einfach mega.“ Der Aufbau, den Gratl heute in Salzburg zeigt, ist ein dreiseitiges Bauteil, getrennt durch einen Grat und einen eingearbeiteten Kamin, dahinter der Wandanschluss. „Man braucht am ersten Tag die Zeit schon, um für den zweiten Tag herzurichten. Ich glaube, es ist fast unmöglich, das alles sonst fertigzubekommen“, sagt er. Genau zu bleiben, hat oberste Priorität– und das bei höchstem Zeitdruck: „Am Ende zählt, ob du gegen die Uhr bestehen kannst. Und trotzdem darfst du nicht schlampig werden, weil jeder Fehlerdoppelt Zeit kostet.“ Sein Ziel ist das Podium: „Platz drei würde mir schon eichen“, sagt die Fachkraft aus Schmirn.
Steirischer Glasbautechniker will fehlerlos bleiben
Mit Zeitdruck kämpft auch Glasbautechniker Marcel Resch aus der Steiermark. Seine Aufgabe: millimetergenaue Glasanpassungen, sauber gesetzte Kanten, passgenaue Beschläge– alles in einer Abfolge, die keine Improvisation zulässt. „Zeitdruck ist für uns Glasbautechniker immer ein Thema – aber die eigentliche Herausforderung ist das Material selbst. Glas verzeiht keinen Fehler. Ein falscher Winkel, ein Hauch zu viel Druck – und das Werkstück ist verloren. Präzision und Tempogleichzeitig abzurufen, das ist der wahre Härtetest hier. Da werden Kratzer mit der Taschenlampe gesucht“ sagt die Fachkraft aus St. Andrä im Sausal, die für Hütinger Glas in Kaindorf tätig ist.
Oberösterreichische Steinmetzin lässt sich nicht ablenken
Mit einem anderen, nicht weniger komplexen Werkstoff hat es EM-Starterin Juliana Hain zu tun: Die Steinmetzin aus Hofkirchen steht mit Gehörschutz, Maske und sauber sortiertem Werkzeug am Werkstück, ein heller Steinblock, aus dem sie Schritt für Schritt die geforderten Konturen herausschlägt. Jeder Schlag muss sitzen, kein Ausbruch, keine zu tief gesetzte Linie. „Das Entscheidende ist, gleich von Anfang an die richtige Tiefe zu treffen, sonst holst du das später nicht mehr auf“, sagt sie. Der feine Staub, der bei jedem Schlag aufwirbelt, zeigt, wie konstant sie arbeitet. Hinter ihr hängt eine große rot-weiß-rote Fahne, unterschrieben von Kolleginnen und Kollegen. „Das gibt schon Rückhalt, wenn man weiß, dass so viele mitfiebern“, sagt Hain. Ihre Bewegungen bleiben trotzdem sachlich und präzise, kein unnötiger Blick zur Seite, kein Zeitverlust. „Für mich geht es darum, sauber durchzukommen. Wenn die Linie stimmt, kommt der Rest von selbst.“
Digitale Herausforderungen für niederösterreichischen Spezialisten
Bei Tobias Weißengruber wirkt der Bewerb fast wie ein Gegenpol zu den handwerklichen Berufen. Der Niederösterreicher steht nicht zwischen Maschinenlärm und Funkenflug, sondern vor mehreren Screens, Modellen und Linien, die sich nur digital bewegen. „Digital Construction“ geht vergleichsweise still über die Bühne – aber nicht mit weniger Druck. Weißengruber modelliert, verschneidet und kontrolliert Bauteile, während die Jury jeden Schritt mitverfolgt. „Fehler sieht man hier nicht sofort– sie rächen sich meist erst beim Zusammenführen“, sagt er.
Seine Aufgabe: ein komplexes Gebäudemodell exakt nach Vorgabe zu erstellen, Kollisionen zu vermeiden und die Daten so aufzubereiten, dass sie in der Praxis ohne Nacharbeit funktionieren würden. Weißengruber arbeitet ruhig, fast schon methodisch, überprüft jede Linie doppelt, bevor er weitergeht. „Es ist ein Mix aus Tempo und Genauigkeit. Wenn du zu schnell bist, übersiehst du Details – wenn du zu langsam bist, reicht die Zeit nicht.“ Der Vorteil seines Berufs ist gleichzeitig die Herausforderung: Alles ist messbar. Jede Abweichung wird digital gespeichert, jede Ungenauigkeit bleibt sichtbar. Für Weißengruber ist klar: „Wenn das Modellsauber steht, ist das halbe Rennen entschieden.“
Wer tatsächlich als Ersterdurchs Ziel geht, wird von den Juroren entschieden – und am Sonntag im Rahmender Siegerehrung (ab 13 Uhr) bekanntgegeben.
Salzburger Berufsbildungstage
Die AustrianSkills sind Teil der Salzburger Berufsbildungstage, dem größten Bildungsevent Österreichs: Parallel zu den Wettbewerben finden auf dem Messegelände die Berufsinfo-Messe BIM, BeSt – die Messe für Beruf, Studium und Weiterbildung - sowie erstmals die EAKON, die Europäische Ausbildungskonferenz, statt. Die Europäische Ausbildungskonferenz (EAKON) bietet ergänzend zum vielfältigen Messegeschehen ein hochkarätiges Forum für fachlichen Austausch. Veranstaltet vom SkillsAustria-Kooperationspartner Talents & Company richtet sich die Konferenz gezielt an Ausbilder:innen, HR-Verantwortliche sowie Expert:innen der beruflichen Bildung. In einem zweitägigen Konferenzprogramm stehen aktuelle Herausforderungen, innovative Ausbildungsansätze und vor allem konkrete, praxiserprobte Lösungen zur Verbesserung der Lehrlingsausbildung im Mittelpunkt.
Fotos (Credit: SkillsAustria/Wieser/Slovencik)
- Hier werden täglich weitere Alben und Fotos von den AustrianSkills hinzugefügt.













































